Wenn die paar Menschen, die überhaupt über Speziesismus nachdachten und eingestanden, dass sich ihre Lebensweise in der Zukunft als moralisch falsch herausstellen könnte, nicht bereit waren, die Revolution, die sie vorausahnten, selbst einzuläuten, wie können wir das dann von anderen erwarten?

Der Widerspruch macht mich immer noch traurig, aber nach einigem Nachdenken macht er nun mehr Sinn. Vielleicht können sich Menschen emotional von ihren Prognosen distanzieren indem sie die Ungerechtigkeit intellektualisieren. Ich habe irgendwann mal vermutet, dass die argumentative Auseinandersetzung mit Anti-Speziesismus eher zu langfristigem Veganismus führt als reine Emotionen oder körperlicher Ekel. Aber vielleicht lag ich falsch. Vielleicht verleiht das über-intellektualisieren einer Ungerechtigkeit einem die Fähigkeit, sich ihren eigentlichen Horror auf Abstand zu halten. Vielleicht ist es leichter, Leid auszublenden, wenn man es kühl analysiert. Und vielleicht fühlt man sich durch kritische Worte entlassen von der Pflicht zu kritischer Praxis.

Was meint ihr? Wecken solche Prognosen Hoffnung, weil andere Menschen Speziesismus offensichtlich auch als moralisches Problem wahrnehmen? Oder gerade nicht, weil wir nicht mehr davon ausgehen können, dass Tierrechte siegen werden, wenn wir argumentativ überzeugen?

 

http://www.veganzeitkritik.com/blog-de/2015/12/26/blinde-flecken